Willkommen im Netzwerk Lesben und Buddhismus

Praxistage 2009


KuanYinZoff und Zank in der Sangha - "Rechte Rede" in schwierigen Zeiten.
Gewaltfreie Kommunikation - die Sprache des Lebens

Referentinnen: Steffi Höltje, Margret de Backere

"Worte sind Fenster -
oder sie sind Mauern."
(Marshall Rosenberg)


Wir waren mit 12 Frauen als einzige Gruppe im Haus, hatten also richtig viel Platz und weil das Wetter einfach wunderbar war, konnten wir uns auch noch im Garten ausbreiten und während einiger Übungen die Sonne genießen.

Morgens haben wir immer mit einer Meditationseinheit angefangen, die aus 25 Minuten Sitzen, Gehmeditation und wieder 25 Minuten Sitzen bestand. Mittags haben wir die Gehmeditation in der Tradition von „Plum Village“, einem vietnamesisch orientierten Zen-Zentrum kennengelernt: Wir sind in achtsamen Schweigen gemeinsam durch die Felder gegangen.
Auch die Mahlzeiten haben wir im „ Plum Village-Stil“ eingenommen: Die erste Hälfte im Schweigen, danach ein Gong und dann langsam einsetzendes Sprechen. Die Kombination kam gut an, nach dem achtsamen Essen fällt es leichter, in achtsamen Kontakt zu kommen.
Am Samstagvormittag berichteten Steffi und Margret zunächst von ihrem Leben in Plum Village, dem Zentrum von Thich Nhat Han. In diesem Zentrum leben viele Menschen aus den verschiedensten Kulturen und Lebenssituationen. Diese Verschiedenheit bietet viele Möglichkeiten für Reibungspunkte: Zum Beispiel ist es in asiatischen Kulturen absolut unüblich, Konflikte direkt anzusprechen, während es in der westlichen Welt zumindest als sinnvoll angesehen wird (wenn wir es auch nicht unbedingt tun!). Auch der Unterschied in der Lebensform der Ordinierten, Laien/Laiinnen und Besucher/innen bringt Spannungen. Deshalb wurden dort Strategien entwickelt, um den Frieden immer wieder herzustellen. Dazu gehört zum Beispiel der „Friedensvertrag“: das sind Selbstverpflichtungen, die Praktizierende auf sich nehmen, um den Frieden in der Sangha zu fördern. Und dann gibt es auch Gesprächsrunden, die nach bestimmten Regeln durchgeführt werden und einen Raum für gegenseitigen Respekt öffnen sollen.

Danach haben wir erst einmal die Grundlagen der „Gewaltfreien Kommunikation (GfK)“ nach Marshall Rosenberg kennengelernt. Sie versteht sich selbst nicht als Technik, sondern als spirituellen Weg. Sie kann also nicht einfach kognitiv gelernt und dann angewendet werden, sondern erfordert, genau wie der Buddhismus, lange Übung. Denn wirkliches Interesse am Gegenüber, wirkliche Offenheit und Akzeptanz des Gegenübers ist notwendig. Und wir können uns alle vorstellen, dass das nicht so schnell und gar nicht so leicht möglich ist.

Aber sie hat ganz praktisch gesehen vier Übungsschritte, und die haben wir uns erarbeitet und ausprobiert. Als erster Schritt kommt eine neutrale Beobachtung und Beschreibung der Situation, des konkreten Verhaltens, ohne Bewertung und Interpretation und das ist schon eine Herausforderung! Die Suche nach neutralen Wörtern ohne emotionale Färbung ist ganz schön schwierig und braucht viel Achtsamkeit.
Anschließend wird das entstehende Gefühl benannt, also Ärger, Enttäuschung, Freude... Dabei lässt GfK einen Satz wie: „ich fühle mich verletzt“ nicht als Gefühl stehen. Er enthält eine Botschaft an das Gegenüber und wird nicht als hilfreich angesehen. Das Gefühl wäre stattdessen dann Schmerz, Ärger oder Trauer. Das ist ein ganz schöner Unterschied! Dann kommt die Suche nach dem Bedürfnis, hinter diesem Gefühl steht. GfK geht davon aus, dass Gefühle dadurch entstehen, dass Bedürfnisse erfüllt werden oder auch nicht. Und das birgt Überraschungen! Wodurch entstand die Verletzung? Welches Bedürfnis wurde nicht befriedigt? Zuwendung, Anerkennung, Würde, Respekt, Wahrgenommen-werden? Dabei ist als Grundvoraussetzung klar: mein Gegenüber ist nicht dazu da, meine Bedürfnisse zu erfüllen.
Aber, wir können darum bitten und nachdem das alles klar ist, kommt denn auch die Bitte an unser Gegenüber. Sie soll realistisch sowie konkret sein und klar formuliert. Wenn das Bedürfnis an dieser Stelle nicht erfüllt wird, können wir an anderer Stelle nach der Erfüllung suchen. Das Bedürfnis z.B.nach Wertschätzung kann von vielen Menschen erfüllt werden, wir sind nicht von diesem einen Menschen abhängig!

Zu jedem Schritt hatten Steffi und Margret viele interessante und hilfreiche Übungen vorbereitet. Zum Beispiel: Ausprobieren, wie es ist, einen Satz mit emotionaler Beteiligung zu sagen und dann denselben Satz mit dem vorangestellten: „ Ich denke, dass…“ Spannend, der Unterschied! Die letzte Übung vereinigte dann alle Schritte in Form eines Rollenspiels, bei der wir uns eine konkrete Situation aus unserem Alltag angesehen haben. Am Sonntagmorgen haben wir uns dann noch angeschaut, welche Bedürfnisse durch das Netzwerk erfüllt werden und welche nicht. Dabei kam auch zur Sprache, dass sich das Bedürfnis der (Ex-) Orginen nach Wertschätzung und Anerkennung ihrer Arbeit immer wieder nicht erfüllt und dass dieser Umstand einfach demotivierend ist. Mein persönliches Resümee: Ein interessantes, spannendes Wochenende hatten wir, es hat uns vieles über uns selbst gezeigt, und durch die vielen Übungen konnten wir auch schon einiges an eigenen Erfahrungen sammeln. Das vierte „Sila“ (Verhaltensempfehlung), die „Rechte Rede“, wird häufig als jenes angesehen, das am schwierigsten in der Umsetzung ist, und es gibt darüber sehr viele Lehrreden. Die klassischen Anweisungen dazu sind mir allerdings zu wenig konkret und reichen mir im Alltag nicht aus. Gefühle und treffen auf Bedürfnisse und Gefühle von anderen. Dass sich da immer wieder Reibungspunkte ergeben, ist klar. Das „Wegmeditieren“ von Problemen mit Mitmenschen im Alltag ist ja oft nicht sinnvoll, auch nicht leicht, und funktioniert nach meiner Erfahrung meistens nicht wirklich. GfK scheint mir eine sinnvolle, praktisch orientierte Möglichkeit zu sein, das vierte Sila im Alltag umzusetzen und damit mehr Frieden in mir und anderen zu schaffen. Ich habe es mittlerweile im Alltag ausprobiert und kann sagen: Es ist kein leichter, kurzer Weg, aber absolut hilfreich!

"Achtsamkeit kann uns dabei helfen,
wieder zu kommunizieren,
vor allem mit uns selbst."
(Thich Nhat Hanh)


Hier kommen noch ein paar Worte über Steffi und Margret:

Margret

Margret de Backere: geb.1956, ist Dipl.-Pädagogin mit therapeutischer Zusatzausbildung und hat vielfältige berufliche Erfahrungen in sozialen und therapeutischen Arbeitsfeldern.
Mehr Information bei der DBU



Steffi
Steffi Höltje: geb.1964, ist Dipl.-Ing. agr.,und hat berufliche Erfahrungen im schulischen und sozialen Bereich. Sie ist Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation (in Zert.)
Mehr Information bei der DBU

 

 

 Steffi und Margret leben seit 17 Jahren in einer Paarbeziehung und gehen auch ihren spirituellen Weg gemeinsam. Beide haben langjährige Meditationserfahrung und sind seit 1993 Schülerinnen des Zenmeisters und Friedensaktivisten Thich Nhat Hanh. Sie sind Mitglieder des von ihm gegründeten internationalen Intersein-Ordens und lebten zwei Jahre in seiner spirituellen Gemeinschaft "Plum Village" in Frankreich, wo sie ein umfassendes Training in der Übung der Achtsamkeit erhielten. Sie leiten im deutschsprachigen Raum Seminare und Retreats in Bildungseinrichtungen und buddhistischen Zentren.

Kontakt: steffi-margret@web.de. Tel. 07551-944586. Link zu ihren Veranstaltungen 2010.

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